KI verändert Arbeitsmarkt grundlegend

Clauss schrieb:

Bislang war es ja immer so, dass bei einer "Arbeitsplatz-Revolution" überflüssig gewordene Arbeitsplätze durch andere ersetzt wurden. Im Fall KI fürchte ich allerdings, dass die Arbeitsplätze ersatzlos wegfallen. Mir fehlt jedenfalls die Phantasie, welche neuen Arbeitsplätze in großem Stil neu entstehen können. Und wenn dies zu einer Massenarbeitslosigkeit führt, dann hat das extreme gesellschaftliche Folgen.

In den Jahrzehnten seit Einführung der Dampfmaschine gab es immer wieder Umwälzungen in der Industrie. In den Werkshallen bei VW, BMW et al stehen schon lange keine Menschen mehr am Fließband wie noch in den 1970er Jahren. Dort stehen rechnergesteuerte Produktionsanlagen mit ein paar menschlichen Aufpassern und Störungsbeseitigern. Das war's im Wesentlichen. Dennoch ging das Leben weiter und Deutschland behauptete im globalen Vergleich einen Spitzenplatz.

Bislang trafen die Umwälzungen am Arbeitsplatz insbesondere die Blue-Collar-Worker, jetzt sind verstärkt die White-Collar-Worker dran. Ja, das ist schmerzhaft, keine Frage. Allerdings wäre diese Diskussion meiner Meinung nach ein Thema für einen anderen Thread.    
     

Hallo Martin,

deine Bemerkung, dass dies in einen eigenen Thread ausgelagert werden sollte, ist absolut zutreffend. Daher habe ich das getan.

Martin schrieb:

Bislang trafen die Umwälzungen am Arbeitsplatz insbesondere die Blue-Collar-Worker, jetzt sind verstärkt die White-Collar-Worker dran. 

Bei jeder bisherigen industriellen Revolution hat es für wegfallende Arbeitsplätze neue gegeben.

Nur diesmal fehlt mir jede Phantasie, wo sie herkommen sollten. Die paar Firmen, die KI entwickeln und die im großen Stil Rechenzentren betreiben, werden einen gewissen Personalbedarf haben, aber da nicht annähernd auffangen können.

Es trifft aber nicht nur Spezialisten, sondern auch beispielsweise Call Center Mitarbeiter. Beispielsweise weiß ich von einem deutschen DAX Unternehmen, dass es plant, "so schnell wie möglich" 20% ihrer deutschen Mitarbeiter durch KI zu ersetzen.

Wenn dieser Trend sich durch alle Unternehmen durchzieht und fortsetzt, dann könnte auf alle hochentwickelte Staaten eine Massenarbeitslosigkeit unbekannten Ausmaßes zukommen. Dies hätte dann gravierendste Auswirkungen.

Oder hat jemand eine Idee, wo noch Ersatzarbeitsplätze herkommen könnten? 

Clauss schrieb:

Oder hat jemand eine Idee, wo noch Ersatzarbeitsplätze herkommen könnten? 

Die gibt es immer da, wo etwas physisch getan werden muss und nicht nur geredet. Jedenfalls solange nicht alles von KI-gesteuerten Maschinen getan wird, die ihrerseits von KI-gesteuerten Maschinen gebaut und gewartet werden. Wenn die Menschen irgendwann nur noch untätig rumsitzen, weil sie alles so hingedreht haben, dass sie selber nichts mehr tun müssen oder dürfen, dann sind sie für die Wirtschaft überflüssig und man müsste sich überlegen, mit welchem Recht die einen wohlhabender als die anderen sind. Sie tun ja dann alle das gleiche, nämlich nichts. Vernünftige KI würde sinnvollerweise bald mal die Politiker ersetzen und eine Art Sozialismus für die eigentlich unnötigen Menschen etablieren...

Das Problem ist in der Tat, was passiert, wenn ein größerer Teil der Beschäftigten durch KI ersetzt werden und somit arbeitslos werden.

Unabhängig von den wirtschaftlichen Folgen für diese Beschäftigten gäbe es starke psychische Auswirkungen, insbesondere wenn sie keine Chance auf Wiederbeschäftigung hätten. Wenn nur noch ein Teil der Menschen für Wirtschaft und Verwaltung benötigt würde, hätte das extreme Sprengkraft.

Wenn die Firmen im großen Stil Personal durch KI ersetzen, dann sägen sie sich zumindest mittelfristig den Ast ab, auf dem sie sitzen. Wer sollte dann die Produkte noch abnehmen?

Eine KI als politisch Verantwortliche sähe ich sehr kritisch. Nach welchen Kriterien sollte eine KI entscheiden? Nach dem was ihr Menschen einprogrammiert und antrainiert haben? Man sollte keine Illusion haben, dass KIs eigenständig und objektiv denken. Das tun sie nämlich keineswegs.

Bitte Antworten nicht ins politische abgleiten lassen. Ich meine hier wirklich nur die Auswirkungen von KI, keine wie immer geartete Gesellschaftskritik.

Meiner Meinung nach wird es noch ein paar Jahre dauern, bis KI in Unternehmen wirklich flächendeckend ankommt. Ein großer Punkt ist das Thema Daten: Viele Firmen wollen ihre internen Informationen nicht an externe KI-Server schicken.

Und ohne Zugriff auf interne Dokumente, Prozesse und Wissensdatenbanken kann selbst eine sehr leistungsfähige KI nur begrenzt helfen. Man kann mit öffentlichen Daten und allgemeinen Modellen einiges machen, aber der echte Nutzen entsteht erst, wenn die KI die firmenspezifischen Infos kennt.

Dazu kommt die Infrastruktur. Eine brauchbare Lösung (KI im eigenen Rechenzentrum) kann schnell mindestens 1,5 Millionen € kosten. Und die nächsten Modellgenerationen werden vermutlich noch mehr Speicher und Rechenleistung brauchen. Die Hardwarepreise dürften also erstmal nicht wirklich billig werden.

Für viele Unternehmen lohnt sich das aber wirtschaftlich nicht, weil KI nicht 24/7 ausgelastet wird. Kleinere, günstigere Modelle könnten zwar einfache Tätigkeiten übernehmen, machen aber oft noch zu viele Fehler. Ohne menschliche Aufsicht sind sie in vielen Bereichen aktuell einfach zu riskant.

Ich glaube deshalb, die Produktivität wird steigen, aber Menschen bleiben weiterhin nötig vor allem zur Kontrolle, Einordnung und Verantwortung. KI wird eher als Assistent laufen.

Spannend ist auch das Thema KI-Roboter. Die werden in den nächsten Jahren sicher häufiger auftauchen, aber bis die zuverlässig genug sind und in großer Stückzahl produziert werden, vergeht ebenfalls noch Zeit.

Neuer Markt (neue Jobs) für persönliche KI-Assistenten, besonders für ältere Menschen, könnte riesig werden. Gleichzeitig steckt da auch das Datenschutzproblem drin. Ein wirklich hilfreicher Assistent bräuchte Kamera und Zugriff auf persönliche Daten, und genau das macht wieder ein Problem für den Einsatz.

Jamali schrieb:

Meiner Meinung nach wird es noch ein paar Jahre dauern, bis KI in Unternehmen wirklich flächendeckend ankommt. Ein großer Punkt ist das Thema Daten: Viele Firmen wollen ihre internen Informationen nicht an externe KI-Server schicken.

Und ohne Zugriff auf interne Dokumente, Prozesse und Wissensdatenbanken kann selbst eine sehr leistungsfähige KI nur begrenzt helfen. Man kann mit öffentlichen Daten und allgemeinen Modellen einiges machen, aber der echte Nutzen entsteht erst, wenn die KI die firmenspezifischen Infos kennt.

Das Datenschutzproblem ist für die meisten Daten schon seit einiger Zeit gelöst. Zumindest große Firmen betreiben KI Engines der großen KI-Hersteller auf eigenen Cloud Instanzen, ohne dass Prompt und Antwort Daten auf externe Server übertragen werden, und auch ohne, dass diese Prompts und Antworten zum Training der KIs verwendet werden. Auf diese Art dürfen wir diese KIs nützen, bis auf explizit als "vertraulich" gekennzeichnetes. Und diese KIs haben kompletten Zugriff auf das Konzern Internet, Dokus etc (Vertrauliches darf im Konzern Intranet nicht für alles abgelegt werden).

Und die Konzernlenker haben KIs längst als Einsparpotential identifiziert - KIs scheinen deutlich günstiger zu sein als Lohnkosten. Nur haben die bislang realisierten funktionierenden KI-basierten Anwendungen dieses zum größten Teil noch nicht erreicht. Es wird aber intensiv daran gearbeitet.

Clauss schrieb:

Das Datenschutzproblem ist für die meisten Daten schon seit einiger Zeit gelöst. Zumindest große Firmen betreiben KI Engines der großen KI-Hersteller auf eigenen Cloud Instanzen, ohne dass Prompt und Antwort Daten auf externe Server übertragen werden ...

Bei „Enterprise-LLM in der Cloud“ sendet die Anwendung den Prompt per API an die Infrastruktur des Cloud-Anbieters, also z. B. an Server von AWS, Microsoft oder Google.


Wenn die KI keinen Zugriff auf relevante interne Informationen erhält, kann sie viele Assistenzaufgaben nur oberflächlich erledigen.


Große Unternehmen können eigene KI-Server betreiben und dafür z. B. Modelle wie DeepSeek oder Kimi einsetzen. Für den Mittelstand ist das jedoch oft schwierig oder wirtschaftlich nicht sinnvoll.


Ich denke, eine KI muss, ähnlich wie ein menschlicher Assistent, kontinuierlich Zugriff auf alle relevanten Daten und internen Kommunikationen haben, um zum Beispiel in der Forschung wirklich helfen zu können. Sie könnte etwa nachts weiter an einem Problem arbeiten und nach möglichen Lösungen suchen. Dafür muss die KI alles Wichtige zum jeweiligen Thema kennen und auf die entsprechenden Informationen zugreifen können.