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THEMA:

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 09 Mai 2019 20:05 #51774

Hi,
ich beschäftige mich seit kurzem mit der SRT und frage mich ob die Zeitdilatation selbst auch logisch erklärt werden kann...

Ich meine, dass sie stattfinden muss um die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit aufrechtzuerhalten, wenn jedes Interialsystem gleichberechtigt sein soll, ist klar. Doch was für eine Erläuterung folgt wenn einem dies nicht reicht? Gibt es sowas wie einen im Hintergrund ablaufenden Mechanismus, der von einer relativ Geschwindigkleit aus rein logischen Abläufen auf die Zeitdilatation schließen lässt? (Wie zum Beispiel durch bestimmte Kontraktionen, bzw. Krümmungen der Raumzeit?)

Oder ist die Zeitdilatation letzlich "nur" eine Folgerung der Postulate der SRT und kann nicht tiefgründiger erklärt werden?

Danke für die Antwort im Voraus, Tim

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 09 Mai 2019 20:43 #51777

Oder ist die Zeitdilatation letzlich "nur" eine Folgerung der Postulate der SRT und kann nicht tiefgründiger erklärt werden?

Mir ist keine "Erklärung" bekannt
Vorsicht, ich schreibe vereinfacht ohne Wurzelzeichen ³x=³√x , wenig Klammern 1/4r²π=1/(4r²π) , statt Vektorpfeil v¹=v⃗ Funktionen bzw Argumente kennzeichne ich mit einem Punkt f.(x)=f(x)
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 09 Mai 2019 21:27 #51780

Neppop,

die Lichtgeschwindigkeit c ist eine Eigenschaft der Raumzeit. Nicht nur Photonen sind mit c unterwegs, auch Gravitationswellen breiten sich mit c aus.

Überleg mal, welche Folgen es hätte, wenn c größer oder kleiner wäre.

c muss genau diesen Wert haben, wie es c nunmal hat. Sonst wäre das Universum gänzlich anders beschaffen.

Das und die Folgen der Konstanz von c beschreibt die SRT.

Warum c diese Größe hat und keine andere, ist nicht bekannt.
Da stößt die Tiefgründigkeit an ihre Grenzen.

Thomas
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 08:27 #51793

Oder ist die Zeitdilatation letzlich "nur" eine Folgerung der Postulate der SRT und kann nicht tiefgründiger erklärt werden?

Mir ist keine "Erklärung" bekannt

"Erklärung" ist ja eigentlich nichts anderes als ein Bild.

Ich stelle mir das wie einen Wasserskifahrer vor. Je schneller er fährt, desto steiler muss er die Ski gegen den Wasserdruck stemmen. Aus der Horizontalen werden die Ski daher verkürzt.

In diesem Bild ist natürlich vieles nicht passend. So gibt es keinen Wasserdruck, die Fahrt geht nicht in die Horizontale, der Raum wird nicht kontrahiert, die Sicht ist nicht spiegelbildlich (symmetrisch, gleichberechtigt) etc. Wenn man die Vertikale als Zeitachse ansieht, wäre zwar die Bewegungsrichtung richtig und sogar die Uhrendesynchronisation und Relativität der Gleichzeitigkeit dargestellt.
Jedenfalls geht dieses Bild nicht einmal so weit, dass man daraus etwas berechnen könnte, der Strömungswiderstand berechnet sich mit einem Faktor v²/2, naja der newtonische Faktor ½ deutet ja meist auf ein relativistisches (γ-1) hin, vor allem bei v².
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 09:20 #51795

"Erklärung" ist ja eigentlich nichts anderes als ein Bild.


Ja genau, und das Bild mit dem Wasserskifahrer finde ich schonmal nicht schlecht :D

Ich glaube aber, dass es noch besser geht. So hab ich mir letzte Nacht mir erst einmal nur die Lichtuhr in einem geschlossenen Raum (Fahrstuhl oder so) vorgestellt welcher sich gleichmäßig in X-Richtung bewegt. Diese soll bei jeder Oszillation (Hoch,Runter) 1 ns anzeigen. Da sich der Raum aber ja bewegt (Relativ zu einer Lichtuhr außerhalb des Raumes), muss das Photon eine größere Strecke zurücklegen und brauch auf Grund der Konstanz von c mehr Zeit. Da nun die beiden Inertialsysteme gleichberechtigt sind, wird die Lichtuhr im Fahrstuhl 1 ns anzeigen und die ruhende Lichtuhr mehr.

Sorry für die sehr kurze Beschreibung des Experiments jedoch gehe ich davon aus, dass dies jeder kennt.

So weit, so gut. Dies ist wohl noch ein Bild welches sich leicht verstehen lässt und auch die Zeitdilatation ist in diesem Beispiel einwandfrei verstehbar. Wenn jetzt jedoch andere Uhren wie meine Armbanduhr oder ähnliches ins Spiel kommt, bricht dieses Bild zusammen. Wo ist da die längere Strecke die das Photon zurücklegen musste gegeben und die daraus längere Laufzeit usw?

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 09:28 #51796

  • Verena Meier
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Überleg mal, welche Folgen es hätte, wenn c größer oder kleiner wäre.

c muss genau diesen Wert haben, wie es c nunmal hat. Sonst wäre das Universum gänzlich anders beschaffen.

Interessante Frage ... ich glaube fast, es würde sich nichts ändern.

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 11:34 #51799

  • rhm
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Die Zeit dilatiert nicht.
Das ist nur eine schlampige Ausdrucksweise für einen Perspektivwechsel.
Das erscheint nur so, wenn man aus der Perspektive eines Bezugssystem die Zeit in einem anderen Bezugssystem betrachtet.
Es gibt aber kein Bezugssystem das bevorzugt ist.
Uhren bzw. periodische Prozesse oder auch Alterungsprozesse laufen in allen Bezugssystemen a priori gleich schnell ab.

Was die SRT besagt ist, dass die Zeit keine Variable ist, die aus allen Bezugsystemen betrachtet identisch abläuft.
Dagegen ist die Lichtgeschwinigkeit (im Vakuum) eine Konstante egal aus welchem Bezugsystem man sie mißt
Das ist eine Prämisse (Axiom) der SRT und ergab sich aus Laborversuchen (Berühmte Michael Morley Experiment des 19. Jahrhundert).
Daraus folgt dann zwingend daß Zeit und Längen nicht unabhängig vom Bezugssystem sein können.

Wenn man also die Prämisse der Konstanz von Lichtgeschwindigkeit aus allen Bezugssystemen akzeptiert, macht es keinen Sinn nach einer weiteren physikalischen Erklärung für die Konsequenzen zu suchen.
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 13:26 #51801

  • Chris
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@neppop: Von einem anderen Ort betrachtet, passt immer mehr Zeit, ins selben Raum je schneller es sich bewegt. Um mal auf deine Forum Frage zu antworten.
Schauen euch das mal an:
hp.physnet.uni-hamburg.de/pfannkuche/Phy...ungen/vorlesung1.pdf
vor allem Verena Meier, denn es hat schon sehr große Auswirkungen auf das was so vorhanden ist in diesen Universum, wenn wir ein anderen wert für c einsetzen.

Ob sich mit einem anderen Wert wohl das Universum anders ausbalanciert,.. hätte.. kein plan, Jedoch bei uns wird es nicht funktionieren.
in eine Richtung gibt es nur noch Gravitation und Strahlung, und in die andere bleibt Gravitation und Materie übrig. also bitte nichts ändern an dieser Konstanten, ist böse. Macht alles kaputt.
Ja ich kann alles, sogar definieren was ich nicht kann.

Man muss noch Chaos in sich haben, um einen tanzenden Stern gebären zu können.
**Der Friedrich**

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 13:57 #51802

Die Zeit dilatiert nicht.
Das ist nur eine schlampige Ausdrucksweise für einen Perspektivwechsel.
Das erscheint nur so, wenn man aus der Perspektive eines Bezugssystem die Zeit in einem anderen Bezugssystem betrachtet.

Das stimmt schon.
Doch jeder kann die Zeit zwischen zwei Ereignissen messen. Unterschiedliche Beobachter (IS) werden zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Man kann ein IS durch zwei Ereignisse legen, (sofern sie nicht lichtartig sind), so dass diese a) entweder gleichzeitig stattfinden (falls sie raumartig sind) oder b) in zeitlicher Folge (Eigenzeit) am selben Ort stattfinden (falls sie zeitartig sind).

Alle anderen IS werden diesen Zeitabstand t je nach Relativbewegung unterschiedlich 0 < t < τ messen.

vor allem Verena Meier, denn es hat schon sehr große Auswirkungen auf das was so vorhanden ist in diesen Universum, wenn wir ein anderen wert für c einsetzen.

Was passiert denn, wenn man den Wert von c verdoppelt?
Die Energie der Masse würde sich vervierfachen oder die Masse wäre je Energie nur noch ¼.
Hätte es denn Einfluss auf den Zeitfluss? (Entfernungen wären gefühlt nur noch halb so groß .... oder gleicht sich das gefühlsmäßig mit der Masseänderung wieder aus?)
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 14:34 #51805

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Was passiert denn, wenn man den Wert von c verdoppelt?

Ohne mir auch nur annähernd sicher zu sein ... aus der Hüfte geschossen würde ich vermuten, dass dann die Zeit 'doppelt so schnell' verginge, was wiederum bedeutungslos wäre, solange bzw. da man sozusagen universell keinen Vergleichsmaßstab hat.

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 14:55 #51806

Was passiert denn, wenn man den Wert von c verdoppelt?

Ohne mir auch nur annähernd sicher zu sein ... aus der Hüfte geschossen würde ich vermuten, dass dann die Zeit 'doppelt so schnell' verginge, was wiederum bedeutungslos wäre, solange bzw. da man sozusagen universell keinen Vergleichsmaßstab hat.

Dann erhielte c ja wieder seinen "normalen" Wert.... oder würde es nochmals verdoppeln?
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 15:20 #51809

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Was passiert denn, wenn man den Wert von c verdoppelt?

Ohne mir auch nur annähernd sicher zu sein ... aus der Hüfte geschossen würde ich vermuten, dass dann die Zeit 'doppelt so schnell' verginge, was wiederum bedeutungslos wäre, solange bzw. da man sozusagen universell keinen Vergleichsmaßstab hat.

Dann erhielte c ja wieder seinen "normalen" Wert.... oder würde es nochmals verdoppeln?

Naja, wenn's um irgendwelche Zeitverschiebungen (da langt schon die Umstellung von der Winter- auf die Sommerzeit) geht, kriege ich sowieso gern einen Knoten ins's Gehirn.
Eigentlich wollte ich damit nur sagen, dass nicht die Größe sondern die Konstanz der Lichtgeschwindigkeit eine Folgerung der SRT ist (Kausalitätsprinzip vorausgesetzt). Irgendeinen sittlichen Nährwert hat das aber nicht. ;)

Nicht dass es jemand missversteht ... das, was ich da eigentlich nur sagen wollte - hat keinen sittlichen Nährwert.. :)

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 10 Mai 2019 20:05 #51812

Die Konstanz der LG ist eine Voraussetzung für die SRT, keine Forderung.
Die Größenordnung ist lediglich eine Gemessene.

Unabhängig davon steht c z.B. in allen Gleichungen der Elektrodynamik. Wenn c anders wäre, dann wären dort alle Reaktionen mit einem anderen Energiewert konfrontiert. Würden dann die anderen zwei Grundkräfte gleichbleiben, also die starke und die schwache WW, dann käme es zu einem totalen Kopplungsausfall.
Sprich, die Natur könnte mit den Photonen nichts mehr anfangen!

Naja, wenn das nicht schlimme Konsequenzen hätte?!

Thomas

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 11 Mai 2019 07:49 #51817

Ich denke rhm hat das richtig beschrieben als er "Perspektive" erwähnte.
Zumindest im Rahmen der SRT passiert da physikalisch überhaupt nichts am beobachteten Objekt was tiefer erklärt werden müsste.

Die Konstanz (und Unabhängigkeit vom Bezugssystem) der Lichtgeschwindigkeit folgt aus den Maxwellgleichungen die die Elektrodynamik erfolgreich beschreiben. Für die SRT ist das (wenn ich nicht irre) die Grundlage. Nicht umsonst trägt die Arbeit Einsteins den Titel "Zur Elektrodynamik bewegter Körper".
assume good faith

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 11 Mai 2019 20:05 #51825

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Die Konstanz der LG ist eine Voraussetzung für die SRT, keine Forderung.

Ich denke schon, dass es eher so war, dass

a) die 'Maxwellschen Gleichungen' nicht Gallilei-invariant waren/sind
b) der Äther als Notnagel auch nicht mehr dienen konnte (siehe 'Hausaufgabe' Video 10 Von Aristoteles ...) und
c) Einstein mit seiner SRT die Lichtgeschwindigkeit als Invariante einer (nämlich seiner Lorentz-) Transformation gezeigt hat.

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 11 Mai 2019 21:11 #51826

Verena,

deine Argumente bestätigen doch meinen Satz.

Wir sollten aufpassen auf die Begriffe: was ist eine Voraussetzung und was eine Forderung?

Eine Voraussetzung passt eher zur Sprache der Mathematik\ Physik

und eine Forderung eher zur Sprache der Politik.

Ich glaube, der Liebe Albert neigte eher zur Sprache der Mathematik.

Wenn dem so ist, dann passt der Begriff Voraussetzung besser.

c war für ihn als Konstante gesetzt. Sonst hätte er die Konsequenz seiner Überlegungen nicht so durchziehen können.

Dass in seinen Überlegungen c am Anfang als Forderung stand, glaube ich auch. Dass in seinen Ausformulierungen der SRT und später der ART c als universelle Konstante als Voraussetzung stand, davon bin ich überzeugt.

Thomas

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 15 Mai 2019 17:36 #51903

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Hm… Voraussetzung? …Forderung?
Einstein war ein unvergleichlich genialer Physiker. Vor allem Physiker, nicht so sehr Mathematiker. Da brauchte er Hilfe. Am Anfang durch seine Frau, später war es Minkowski. Aber sein physikalischer Instinkt und seine physikalische Intuition machen ihn absolut besonders.
Jahrelang hatte er nachgesonnen. Nun aber wusste er es. Er hatte die Wahrheit. Er war absolut sicher: so funktioniert die Natur. In seinem berühmten Relativitätsprinzip aus dem Jahre 1905 stellte er zwei Postulate auf: Die Äquivalenz aller Inertialsysteme und die Invarianz der Lichtgeschwindigkeit c.
Dem zweiten Postulat widmete er nicht einmal einen ganzen Satz. Kein großes Gewese, keine Extrarechtfertigung. Seine Intuition sagte ihm, die Konstanz von c ist selbstverständlich, wenn das erste Postulat richtig ist.
So war es dann auch. Sehr bald lag die Spezielle Relativitätstheorie (ST) als geschlossen ausgearbeitete Theorie vor. Da wurde klar, dass das Relativitätsprinzip zusammen mit der Annahme von Kausalität eine invariante Geschwindigkeit verlangte. Ist diese Unendlich, dann haben wir wieder die Galileitransformation und aller Aufwand wäre für die Katz. Ist sie aber endlich, folgt die Lorentzttransformation mit der einsteinschen Raumzeit.
Einstein leitete als Erster die Lorentztransformationen aus dem Relativitätsprinzip her, ganz ohne Elektrodynamik, und er erkannte, dass auf diese Weise die reale Zeit mit dem realen Raum verknüpft sind. Das war der grundlegende Durchbruch, der den raschen Ausbau der Theorie möglich machte.
Einsteins unvoreingenommener Geist hat die Welt verändert. Im Jahre 1905 verlangte die Empirie die ST nicht wirklich. Deshalb ist die ST ein großartiges Beispiel dafür, wie allein die Kraft der Gedanken die Grenzen der Empirie überspringen können. Wie bei allen guten Theorien werden die am Anfang stehenden Postulate oder Axiome erst durch den Erfolg der Theorie gerechtfertigt. Und bei der ST war der Erfolg überwältigend.
Natürlich war sich Einstein der offenen Fragen bewußt als da waren der negative Ausgang der Ätherdriftexperimente und die Relativität der Maxwellschen Theorie, die auch Wirklichkeit war, aber mit keiner anderen Theorie korrespondierte. Dies war für Einstein besonders wichtig. Die Einheit der Physik ist ein modernes Schlagwort. Einsteins Intuition hat dies vorausgenommen.
Aber alle anderen zeitgenössichen Physiker wussten das alles auch. Lorentz war nahe dran, Poincaré noch näher. Beide befassten sich mit den Lorentztransformationen. Sie erkannten aber nicht den wesentlichen physikalischen Inhalt dieser Transformationsgruppe, nämlich die Transformation der Zeit und ihre Verschmelzung zur Raumzeit. Beide waren zu sehr Mathematiker und zu wenig Physiker.
Aber, Thomas, wem sag ich das?

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 15 Mai 2019 21:59 #51907

  • rhm
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Das scheint mir etwas überzogen.
Was ist der negative Ausgang der Ätherdriftexperimente anderes als Empirie?
Wie soll Einstein ohne diese Experimente auf die Idee gekomemn sein einer absoluten invarianten Geschwindigkeit?

Den Rest teile ich.
Einstein war ohne Zweifel ein genialer theoretischer Physiker, der die Dinge zu Ende dachte und die richtigen Fragen stellte (auch zur Quantenmechanik).

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 16 Mai 2019 05:01 #51908

Genobio schreibt:

Einsteins unvoreingenommener Geist hat die Welt verändert. Im Jahre 1905 verlangte die Empirie die ST nicht wirklich. Deshalb ist die ST ein großartiges Beispiel dafür, wie allein die Kraft der Gedanken die Grenzen der Empirie überspringen können. Wie bei allen guten Theorien werden die am Anfang stehenden Postulate oder Axiome erst durch den Erfolg der Theorie gerechtfertigt. Und bei der ST war der Erfolg überwältigend.
Natürlich war sich Einstein der offenen Fragen bewußt als da waren der negative Ausgang der Ätherdriftexperimente und die Relativität der Maxwellschen Theorie, die auch Wirklichkeit war, aber mit keiner anderen Theorie korrespondierte. Dies war für Einstein besonders wichtig. Die Einheit der Physik ist ein modernes Schlagwort. Einsteins Intuition hat dies vorausgenommen.

Ich teile im Wesentlichen deine Einschätzungen. Ich hätte aber hier noch ein wenig Wasser um es in den Wein zu gießen. Für mich lag die ST deutlich mehr in der Luft, als du es dar darstellst (Poincare, Lorentz). Aus meiner Sicht gibt es gute Arbeiten von Wissenschaftshistorikern, die die Begründung der ART für eine absolut solitäre Leistung halten, da diese nun wirklich nicht in der Luft lag.
Zurecht beschreibst du Einsteins bewundernswerte Stärke der Intuition. Aber hat das nicht, wie es starke Geister oft tun, nicht auch gleichzeitig ein Problem hinterlassen? Seine Leidenschaft für Schönheit, Natürlichkeit und Einfachheit einer Theorie hat Einstein schon durchaus irgendwie skurril bockig gemacht. Heute wissen wir nicht so recht daraus herauszukommen, die Bestätigung oder die Erwartung an eine Theorie von deren begleitenden Assoziationen und/oder Bindungen an ihre Eleganz zu knüpfen.

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Letzte Änderung: von D.Rajic.

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 16 Mai 2019 12:04 #51918

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"Aber hat das nicht, wie es starke Geister oft tun, nicht auch gleichzeitig ein Problem hinterlassen? Seine Leidenschaft für Schönheit, Natürlichkeit und Einfachheit einer Theorie hat Einstein schon durchaus irgendwie skurril bockig gemacht."

Auch das sehe ich anders
Mir scheint Du verwechselst Ursache und Wirkung

"Bockig" war Einstein von Anfang an.
Er verließ Deutschland (München) ohne Abitur und gab die Deutsche Statasbürgerschaft auf und war zeitweise staatenlos, weil er mit dem authoritären Schulsystem der Kaiserzeit nicht zurecht kam und weil er sich dem Drill der Wehrpflicht entziehen wollte.
Auch an der ETH Zürich galt er unter seinen Professoren als clever , aber aufsässig.
Er nahm nie ein Blatt vor dem Mund
Als sich Deutschland 1914 in einem euphorischen, konformistischen Taumel befand, verurteilte er den Krieg von Anfang an, während seine berühmten Kollegen Physiker ein Pamphlet verfassten, in dem sie ihren internationalen Kollegen erklärten, warum das Deutsche Reich, das gerade das neutrale Belgien und Luxemburg überfallen hatte und dort brutal vorging, kein Aggressor sei.
Einstein weigerte sich das Pamphlet mit zu unterschreiben.

Das kann man bockig nennen.
Einstein hatte nie ein Problem gegen alle Widerstände seinen Überzeugungen zu folgen.

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 16 Mai 2019 12:20 #51920

  • Miky
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Wie soll Einstein ohne diese Experimente auf die Idee gekomemn sein einer absoluten invarianten Geschwindigkeit?

Dadurch, dass ihm bei den Maxwellschen Gleichungen aufgefallen ist, dass da eine Geschwindigkeit auftaucht, die vom Zustand des Beobachters unabhängig konstant bleibt.

Die Diskussion, welche Bedeutung das Michelson-Morley Experiment für Einstein gehabt hat oder nicht, ist eine endlose - Text dazu .

Er hat es dem Namen nach gekannt, es hat ihn aber bei Herleitung und Veröffentlichung der SRT bis 1905 nicht beeinflusst. Sagt Einstein auch selbst in Interviews. Darauf aufmerksam gemacht, hat er es in späteren Veröffentlichungen gebracht. Wegen Maxwell heißt die Veröffentlichung 1905 ja auch "Zur Elektrodynamik bewegter Körper". Michelson-Morley kommt darin nicht vor.

Nachtrag: Da war ich nur Minuten zu spät - hatte das lange offen, Links suchen (die Textreferenz) und verfolgen dauert halt;)

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 16 Mai 2019 13:10 #51921

rhm schrieb:

Das kann man bockig nennen.
]Einstein hatte nie ein Problem gegen alle Widerstände seinen Überzeugungen zu folgen.

Da hast du etwas nicht richtig verstanden (oder auch verstehen wollen). Bockigkeit verstehe ich auch nicht abwertend. Die, die du hier beschreibst, ist mir sehr sympathisch. Dein Beitrag hat mir die Augen geöffnet. Ich weiß jetzt, warum ich ein Problem mit unbegründeter Autorität hatte. Ich war 14 Jahre lang staatenlos. :P

Mir geht es hier jedoch offensichtlich um die Weiterentwicklung der Physik. Es ging um folgende Theorien und die eigentlich bei Naturwissenschaften nicht erwartbare glorifizierende Schönheit der Theorie, die doch an sich gar keine Begründung hat, außer einer persönlichen Erfahrung. Er war sicher ein Meister des Intuitiven. Aber hatte doch oft ein Problem mit Theorien, die ihm (obwohl auch in seinen Augen richtig) als hässlich erschienen. Er fand, soweit ich weiß, seine eigene RT hässlich, weil sie zu einem Blockuniverum führt und hat sich auch geäußert, dass er seine eigene Theorie nicht mehr erkennt, nachdem die Mathematiker darüber hergefallen sind.
Schau dir dazu einmal Hossenfelders (u.a.) Analysen der modernen Physik bzw. deren Problemen an. Schönheit hat sich längst zu einem herrschenden Topos entwickelt.

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Letzte Änderung: von D.Rajic.

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 16 Mai 2019 13:43 #51923

  • rhm
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Ich habe Ihre Quelle ("On the Role of the Michelson–Morley Experiment: Einstein in Chicago") angesehen. Absolut lesenswert.
Vielen Dank.

Diese Quelle sieht das aber etwas differenzierter.

Einstein hat sich immer für das grundsätzliche physikalische Verständnis interessiert, nicht so sehr um physikalische Details.
Er hat wunderbare Gedankenexperimente entworfen, praktische Experimente im Labor waren nicht seine Sache.
Maxwell ist das Grundsätzliche, Michelson-Morley das Experiment im Labor.

Michelson-Morley kommt in der Tat in seiner 1905 Veröffentlichung nicht vor (wozu auch?). Dafür aber die bemerkenwerte Sätze:

"Beispiele ähnlicher Art, sowie die mislungenen Versuche, eine Bewegung der Erde relativ zum "Lichtmedium" zu konstatieren, führen zu der Vermutung ...."

habe ich immer als eine Anspielung auf Michelson-Morley interpretiert. Worauf sonst soll sich das beziehen?

"Die Einführung eines "Lichtäthers" wird sich als überflüssig erweisen ...."

Fakt ist , daß zwischen der SRT und den Maxwellschen Gleichungen ein halbes Jahrhundert liegt, ohne daß jemand den Schluss zieht, den Sie annehmen, dass Einstein allein daraus gezogen hat.
Das scheint mir verwegen.

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Letzte Änderung: von rhm. Grund: weiteres intersaantes Zitat aus Einsteins Orginalarbeit von 1905

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 18 Mai 2019 19:37 #51971

Schau dir dazu einmal Hossenfelders (u.a.) Analysen der modernen Physik bzw. deren Problemen an. Schönheit hat sich längst zu einem herrschenden Topos entwickelt.

Du hast das Video auch gesehen ?




@rhm

As Einstein mentioned, “the phenomenon of magneto-electric induction compelled me to postulate the principle of relativity.”
However, in one footnote, Einstein wrote that
“the difficulty to be overcome lay inthe constancy of the velocity of light in a vacuum, which I first believed had to begiven up. Only after years of groping did I notice that the difficulty lay in the
arbitrariness of basic kinematical concepts”

Quelle: www.academia.edu/4639535/Einstein_and_th...theory_of_relativity

Nach meinem Verständnis versuchte Einstein eine Art Paradox im Zusammenhan mit bewegten Magneten die eine Spannung induzieren zu lösen. Wie kann ein bewegter Magnet ein elektrisches Feld erzeugen das einer der auf dem Magnet reitet nicht messen kann weil für ihn der Magnet ruht? Elektrische Felder sollten doch eigentlich etwas absolutes reales sein oder doch nicht? Das brachte Einstein wohl zum Relativitätsprinzip. Im wesentlichen geht es ja auch im 2. Abschnitt seiner Veröffentlichung von 1905 um die "Elektrodynamik bewegter Körper". Der Titel passt schon zum Inhalt.
Mein Eindruck: die spezielle Relativitätstheorie war quasi ein Nebenprodukt und wurde auch erst etwas später so genannt.

“The special theory of relativity owes its origins to Maxwell's equations of the electromagnetic field.”

assume good faith

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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 19 Mai 2019 07:40 #51979

@ Genobio

Einstein leitete als Erster die Lorentztransformationen aus dem Relativitätsprinzip her, ganz ohne Elektrodynamik, und er erkannte, dass auf diese Weise die reale Zeit mit dem realen Raum verknüpft sind.

Nein. Das stimmt so nicht. Einstein wandte die von Lorentz erfundenen LT an (sonst würden sie ja nicht so heißen)

Das hat Einstein bestritten, er will es selber erfunden haben, ohne von Lorentz gehört zu haben. Er nennt es auch nicht Lorentzkontraktion bzw Lorentzfaktor etc. Der Ausgangspunkt der Herleitung ist auch unterschiedlich. Die Geometrie ist allerdings die gleiche. Da Lorentz durch seine Formel den Äther retten wollte, wäre es schon plausibel, dass Einstein ihn mit seiner ad-hoc-Theorie bzw seine Formel nicht zur Kenntnis genommen hatte.

Er hat es dem Namen nach gekannt, es hat ihn aber bei Herleitung und Veröffentlichung der SRT bis 1905 nicht beeinflusst.
...
Michelson-Morley kommt darin nicht vor.

wie schon rhm sagte:
Dass ihm das Michelson-Morley Experiment entgangen wäre, halte ich für ein haltloses Gerücht. Er zitiert die "misslungenen Versuche" gleich im zweiten Absatz seiner Arbeit von 1905. Es mag ja sein, dass für ihn die Sache schon vor dem MME klar war und er dieses gar nicht mehr als wesentlich ansah. Die krampfhaften Versuche der Ätherbefürworter hielt er wohl schon vorher für aussichtslos.

Er hat zwar später gesagt:
In my own development Michelson’s result has not had a considerable influence. I even do not remember if I knew of it at all when I wrote my first paper on the subject (1905). The explanation is that I was, for general reasons, firmly convinced that there does not exist absolute motion and my problem was only how this could be reconciled with our knowledge of electro-dynamics. One can therefore understand why in my personal struggle Michelson’s experiment played no role or at least no decisive role.
Aber da glaube ich ihm nicht so recht....er hat gerne die Bedeutung anderer Forschungsergebnisse für seine Ideen heruntergespielt. Ich will ihm ja nicht absprechen, dass er die vage Idee bereits vorher womöglich schon als Kind gehabt hatte.....das kennt doch jeder: "das habe ich schon immer gesagt"

Dass die Elektrodynamik mit der "dortigen" Lichtgeschwindigkeit c letztlich der Auslöser war, das Dilemma mit der Lichtgeschwindigkeit von Licht (aus dem MME) zu lösen, denke ich auch.
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Ist die Zeitdilatation erklärbar? 20 Mai 2019 09:19 #52011

  • Miky
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Nein. Das stimmt so nicht. Einstein wandte die von Lorentz erfundenen LT an (sonst würden sie ja nicht so heißen)

Das hat Einstein bestritten, er will es selber erfunden haben, ohne von Lorentz gehört zu haben. Er nennt es auch nicht Lorentzkontraktion bzw Lorentzfaktor etc.


Den Namen Lorentz Transformation gab es zur Entstehung der Arbeit Einsteins in der Physik noch nicht. Der hielt erst mit Poincarés Veröffentlichung von 1905 Einzug, zu ungefähr derselben Zeit in einer französischen Zeitschrift eingereicht wie Einsteins Arbeit für die Annalen der Physik und Chemie. Sicher bekannt war Einstein die erste Veröffentlichung dazu von Lorentz 1895.

Henri Poincaré, Sur la dynamique de l’électron, 5 juin 1905, Comptes Rendus de l’Académie des Sciences, t. 140, p. 1504-1508

Albert Einstein, Zur Elektrodynamik bewegter Körper, Annalen der Physik und Chemie, Jg. 17, 1905, S. 891-921, unterschrieben "Bern, Juni 1905", "Eingegangen 30. Juni 1905"

Cohn hat zwar schon 1900 von "Lorentz'scher Transformation" geschrieben, aber das hat sich nicht verbreitet.

Man muss immer auch die Art der Verbreitung des Wissens im Kopf haben. Einstein hat zwar durch seine Arbeit im Patentamt durchaus Zugriff auf einige Publikationen, das ist aber nicht vergleichbar mit einer Universitäts- bzw. Fachbereichs-Bibliothek. Und auch da sind nicht immer alle möglichen Publikationen vorhanden.

Einstein war sich bewusst, dass seine Arbeit eigentlich Referenzen enthalten müsste. 1907 hatte er dafür eine Entschuldigung parat, die für meinen vorherigen Absatz spricht:

"Es scheint mir in der Natur der Sache zu liegen, daß das Nachfolgende zum Teil bereits von anderen Autoren klargestellt sein dürfte. Mit Rücksicht darauf jedoch, daß hier die betreffenden Fragen von einem neuen Gesichtspunkt aus behandelt sind, glaubte ich, von einer für mich sehr umständlichen Durchmusterung der Literatur absehen zu dürfen, zumal zu hoffen ist, daß diese Lücke von anderen Autoren noch ausgefüllt werden wird, wie dies in dankenswerter Weise bei meiner ersten Arbeit über das Relativitätsprinzip durch Hrn. Planck und Hrn. Kaufmann bereits geschehen ist."

Aus der Biografie zu Einstein von Albrecht Fölsing, Kapitel 7 (ich kanns nicht genauer angeben, nur aus dem Internet, weil der nur als Buch veröffentlichte Fölsing bei mir zu Hause steht, nicht hier im Büro).

Ich persönlich empfinde "für mich sehr umständlichen Durchmusterung" zwar arg schlapp als Entschuldigung, aber hinreichend als Erklärung.

Dass ihm das Michelson-Morley Experiment entgangen wäre, halte ich für ein haltloses Gerücht. Er zitiert die "misslungenen Versuche" gleich im zweiten Absatz seiner Arbeit von 1905. Es mag ja sein, dass für ihn die Sache schon vor dem MME klar war und er dieses gar nicht mehr als wesentlich ansah. Die krampfhaften Versuche der Ätherbefürworter hielt er wohl schon vorher für aussichtslos.

Die Quellenlage entscheidet das leider nicht. Insofern kann man durchaus unterschiedlicher Meinung dazu sein. Für mich ist es kein Widerpsruch, das Experiment zu kennen und trotzdem nicht zur Motivation und Herleitung genutzt zu haben. Deshalb sehe ich persönlich keinen Grund, Einstein nicht zu glauben.

Einstein mag vielleicht in seiner Persönlichkeitsstruktur eigen gewesen sein, aber er hat bei Vorträgen Lorentz, mit dem er in regelmäßiger Korrespondenz stand, seine enorme Wertschätzung ausgedrückt und auch die Bedeutung von Lorentz Arbeit von 1895: "Ich bewundere diesen Mann wie keinen anderen, ich möchte sagen, ich liebe ihn.", "Die enorme Bedeutung seiner Arbeit liegt darin, dass sie die Grundlage der Theorie der Atome und der speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie bildet. Die spezielle Theorie war eine detailliertere Darlegung der Ideen, die sich in Lorentz’ Forschungen von 1895 finden."

Ebenso Michelson, bei einer Veranstaltung zu Ehren Michelson hat Einstein ihn und die Ergebnisse seines Experiments und deren Bedeutung über den grünen Klee gelobt (Quelle wieder Fölsing).

Klingt für mich nicht nach "er hat gerne die Bedeutung anderer Forschungsergebnisse für seine Ideen heruntergespielt"

So interessant ich die Historie finde, wird jetzt für mich etwas zu offtopic in diesem Strang.

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Letzte Änderung: von Miky.

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 08 Apr 2020 19:16 #67159

Um nach einem knappen Jahr mal wieder aus der Historie heraus- und zum Kern des Pudels bzw. der Ausgangsfrage des Threads zu kommen ;-) :

Die Zeit dilatiert nicht.
Das ist nur eine schlampige Ausdrucksweise für einen Perspektivwechsel.
Das erscheint nur so, wenn man aus der Perspektive eines Bezugssystem die Zeit in einem anderen Bezugssystem betrachtet.
Es gibt aber kein Bezugssystem das bevorzugt ist.
Uhren bzw. periodische Prozesse oder auch Alterungsprozesse laufen in allen Bezugssystemen a priori gleich schnell ab.

Was die SRT besagt ist, dass die Zeit keine Variable ist, die aus allen Bezugsystemen betrachtet identisch abläuft.
Dagegen ist die Lichtgeschwinigkeit (im Vakuum) eine Konstante egal aus welchem Bezugsystem man sie mißt
Das ist eine Prämisse (Axiom) der SRT und ergab sich aus Laborversuchen (Berühmte Michael Morley Experiment des 19. Jahrhundert).
Daraus folgt dann zwingend daß Zeit und Längen nicht unabhängig vom Bezugssystem sein können.

Wenn man also die Prämisse der Konstanz von Lichtgeschwindigkeit aus allen Bezugssystemen akzeptiert, macht es keinen Sinn nach einer weiteren physikalischen Erklärung für die Konsequenzen zu suchen.


Danke dir für diese Klarstellung, ist sehr einleuchtend und treffend! Allerdings bleibt dann das Problem zu erklären, dass z.B. zwei Menschen, Mikroben o.ä. unterschiedlich schnell altern, je nachdem, wie schnell sie relativ zueinander bewegt werden (oder, um der ART vorwegzugreifen, wie stark sie der Gravitation ausgesetzt sind). Und das kann man ja in Experimenten messen bzw. solche Objekte (meist Uhren) direkt vergleichen und Unterschiede feststellen, auch wenn die Objekte nach einer "Messtrennung" in unterschiedlichen Systemen wieder in einem (Labor etc.) zusammengeführt werden. Irgendetwas muss doch dort, auf welcher Ebene auch immer, passieren, damit ein Prozess langsamer/schneller abläuft?
Ist jetzt völlig wilde Spekulation (habe leider nicht die Kenntnisse, um da eine umnfassende physiko-wissenschaftliche Literaturrecherche durchzuführen), aber könnte es sein, dass die zunehmenden Trägheitskräfte, die auf ein schnell bewegtes Objekt (Objekt in einem starken Gravifeld) wirken, sich auch (quantenmechanisch) auf die einzelnen Zellen, Partikel, Teilchen auswirken und somit die Zunahme der Entropie (=das Fortschreiten des Zeitpfeils, Ablaufen von Prozessen etc.) verlangsamen?
Danke vorab!

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Letzte Änderung: von baumeisterxxl.

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 08 Apr 2020 20:31 #67161

[Erklärung mit der Lichtuhr im Fahrstuhl]
So weit, so gut. Dies ist wohl noch ein Bild welches sich leicht verstehen lässt und auch die Zeitdilatation ist in diesem Beispiel einwandfrei verstehbar. Wenn jetzt jedoch andere Uhren wie meine Armbanduhr oder ähnliches ins Spiel kommt, bricht dieses Bild zusammen. Wo ist da die längere Strecke die das Photon zurücklegen musste gegeben und die daraus längere Laufzeit usw?

Ich habe mal eine Erklärung gesehen mit einer Pendeluhr und der Geschwindigkeit v=s/t des Pendels. In ruhendem Zustand der Uhr legt das Pendel pro Oszillation einen bestimmten Weg s zurück. Im bewegten Zustand der ganzen Uhr legt es durch die Bewegung aber einen längeren Weg im ruhenden Raum zurück. Weil seine (mittlere) Geschwindigkeit nur durch das konstante Gewicht und die konstante Länge des Pendels bestimmt wird, ist diese im bewegten Zustand gleich wie im unbewegten, so dass mit konstantem v=s/t der längere Weg s auch eine längere Zeit t erfordert.

Hoffentlich habe ich das hier aus dem Gedächtnis richtig wiedergegeben... ist schon eine ganze Weile her, aber damals leuchtete es mir ein.

EDIT: Entsprechend kann man sich im Bohrschen Atommodell ein Elektron vorstellen, das mit konstanter Geschwindigkeit um seinen Atomkern kreist. Im bewegten Zustand des ganzen Atoms wird es wie das Pendel der bewegten Uhr länger für eine Umkreisung brauchen, wenn man die Zeit von außen misst. So laufen tatsächlich alle Prozesse im bewegten System aus Sicht des ruhenden Beobachters langsamer ab, und es ist theoretisch möglich in die Zukunft zu reisen, wenn man nur schnell genug unterwegs ist. Das ist meines Wissens auch empirisch bestätigt mit Hilfe von Atomuhren. Im bewegten System selbst merkt man aber keinen Unterschied: Das Elektron rast ja immer gleich schnell um seinen Kern.
Also sprach das Photon: Wo wir sind ist vorne! Und sollten wir mal hinten sein, dann ist hinten vorne!
Folgende Benutzer bedankten sich: baumeisterxxl

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Letzte Änderung: von Steinzeit-Astronom.

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 08 Apr 2020 21:26 #67164

Korrekt, die selbe Zeit vergeht unterschiedlich, je nach dem, welcher Beobachter die Pendeluhr beobachtet. Der Mann mit der Uhr sieht sie ganz normal laufen, der "ruhende" Beobachter sieht sie langsamer laufen, fertig. (Durch den Dopplereffekt "sieht" er rein optisch bei der Annäherung eine stark beschleunigte Uhr und beim sich Entfernen eine noch stärker verlangsamte Uhr)
Vorsicht, ich schreibe vereinfacht ohne Wurzelzeichen ³x=³√x , wenig Klammern 1/4r²π=1/(4r²π) , statt Vektorpfeil v¹=v⃗ Funktionen bzw Argumente kennzeichne ich mit einem Punkt f.(x)=f(x)
Folgende Benutzer bedankten sich: Steinzeit-Astronom

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Letzte Änderung: von ra-raisch.

Ist die Zeitdilatation erklärbar? 09 Apr 2020 10:02 #67188

[Erklärung mit der Lichtuhr im Fahrstuhl]
EDIT: Entsprechend kann man sich im Bohrschen Atommodell ein Elektron vorstellen, das mit konstanter Geschwindigkeit um seinen Atomkern kreist. Im bewegten Zustand des ganzen Atoms wird es wie das Pendel der bewegten Uhr länger für eine Umkreisung brauchen, wenn man die Zeit von außen misst. So laufen tatsächlich alle Prozesse im bewegten System aus Sicht des ruhenden Beobachters langsamer ab, und es ist theoretisch möglich in die Zukunft zu reisen, wenn man nur schnell genug unterwegs ist. Das ist meines Wissens auch empirisch bestätigt mit Hilfe von Atomuhren. Im bewegten System selbst merkt man aber keinen Unterschied: Das Elektron rast ja immer gleich schnell um seinen Kern.


Dass die differenzierte Betrachtung von Systemen dabei wichtig ist, war mir klar und natürlich bezieht sich das auch auf die Bewegungen auf (sub-)atomarer Ebene...leuchtet durchaus ein, vielen Dank! Man muss eben immer auch bedenken, dass es stets heißen muss "älter als...", das Argument funktioniert nur im Vergleich von Objekten untereinander, da es ja keine absolute Zeit gibt (Stichwort Eigenzeit).

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