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Zeitquanten als Filmstreifen? 24 Jul 2015 12:06 #543

Sehr geehrter Herr Gaßner,
ich höre Ihre Vorträge mit größtem Interesse! Sie können wirklich gut erklären. Man fängt an, selber nachzudenken – was man aber als Laie kaum wagt.
Ich wage es nun doch einmal:
„Bei Wikipedia lese ich: Bei kleineren Zeitintervallen verliert die Zeit ihre vertrauten Eigenschaften als Kontinuum. Sie würde quantisieren, d. h. Zeit liefe unterhalb der Planck-Zeit in diskreten Sprüngen ab.“
de.wikipedia.org/wiki/Planck-Zeit
Also verläuft doch die Zeit im Grunde ganz genauso wie auf den alten Filmstreifen: Da ist ein Bild, auf dem alles an einem bestimmten Platz ist, und im nächsten Bild ist so einiges leicht verschoben – eben an anderem Ort. Das folgt aber bestimmten Gesetzmäßigkeiten (mal von Regieeinfällen und schnellen Schnitten abgesehen).
„Dazwischen“ gibt es nichts, keinen Übergang, und also auch keine Zeit. Nur unsere Wahrnehmung macht daraus ein Kontinuum, wo eigentlich immer nur 1 Bild auf ein anderes folgt.

Wenn unsere Wirklichkeit ähnlich (wenn auch in winzigsten Intervallen) so funktioniert, dann kann man zwischen den einzelnen Sprüngen (Bildern auf dem Streifen) auch nichts messen, und kleinste Teilchen scheinen zu „springen“ – so wie ein Filmbild zum nächsten springt. Und das Universum „entscheidet sich“ (Gaßner) von Sprung zu Sprung.

Dann ist auch „kein Zeitverlauf“, sondern es gibt nur immer wieder einen neuen Raum – einen nach dem anderen. Wir erleben das als Kontinuum, weil sich unser Denkapparat der anderen („früheren“) Räume mehr oder minder bewusst bleibt. Auch das Gehirn ändert sich von Sprung zu Sprung, aber i. d. R. nicht so, dass wir kein Erinnerungsvermögen aufbauen könnten.
(Irgendwo – bei Ihnen? - habe ich gehört oder gelesen, dass die Zeit gar nicht so sehr etwas anderes ist als Raum?)

Der Beginn des Universums wäre dann der Filmstart: „Davor“ war kein Film, also keine Zeit, also kein sprunghafter Wechsel von Raum zu Raum.
Vielleicht aber war „davor“ nur ein einziges Bild, das irgendwann, irgendwie aus dem Ruder lief?
Das Universum hat sich also „irgendwann“, irgendwie diese Sprünge einfallen lassen, zunächst auf allerkleinster Ebene, vielleicht nur mit einem Teilchen, und dann sprang sozusagen in einer Art Kettenreaktion immer mehr herum, ein Raum nach dem anderen bildete sich, verschwand und bildete sich leicht verändert neu (innerhalb von „Planck-Zeiten“), wie ein Filmbildchen nach dem anderen – und schon haben wir die Zeit.

Würde mich über eine Stellungnahme dazu freuen, ob ich mir das richtig denke.

Liebe Grüße von
Karin Strauß
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Zeitquanten als Filmstreifen? 24 Jul 2015 12:26 #545

Guten Tag, Kamahi!
"Der Beginn des Universums wäre dann der Filmstart: „Davor“ war kein Film, also keine Zeit, also kein sprunghafter Wechsel von Raum zu Raum.
Vielleicht aber war „davor“ nur ein einziges Bild, das irgendwann, irgendwie aus dem Ruder lief?"
Ich kann beileibe nicht behaupten, den Urknall zu verstehen - aber Ihr Zitat ist sehr anschaulich und hat mir soeben zumindest a bisserl geholfen, bei dem Thema weiterzukommen.
Jeden Tag ein bisschen besser!
Folgende Benutzer bedankten sich: kamahi

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Letzte Änderung: von Matze Klingner.

Zeitquanten als Filmstreifen? 24 Jul 2015 12:35 #546

Hallo Fresh Boarder,
leider weiß ich ja nicht, ob meine Annahme stimmt und ob ich alles richtig verstanden habe. Ich bin Geisteswissenschaftlerin.

LG
Karin Strauß

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Zeitquanten als Filmstreifen? 24 Jul 2015 12:37 #547

Liebe Frau Strauß,
Sie haben mich um eine Stellungnahme gebeten zu Ihrer Beschreibung des Anfangs unseres Universums mit Hilfe eines quantisierten Zeitbegriffs gebeten. Mein Problem dabei ist: ich weiss es nicht!
Ja, wir haben eine sehr erfolgreiche Theorie für die Welt des Allerkleinsten (QM), die auf quantisierten Größen beruht. Demnach wäre es scheinbar folgerichtig, auch die Zeit (oder auch den Raum) als quantisiert anzunehmen, wie Sie es sehr anschaulich mit den Filmstreifen dargestellt haben.
ABER: Wir haben auch eine sehr erfolgreiche Theorie für die Beschreibung der Welt bei hohen Energien: Die kontinuierliche Relativitätstheorie (ART), die mit Quanten und Sprüngen gar nicht kann. Beim Urknall haben wir es nun leider mit einem Phänomen zu tun, dass sehr wohl beliebig klein ist - somit die QM zuständig wäre - aber gleichzeitig auch über sehr hohe Energie verfügt, wodurch es in den Zuständigkeitsbereich der ART fällt.
Diese beiden Theorien sind bislang nicht vereinbar. Letzendlich liegt es daran, dass Quantisierung mit Unschärfe einhergeht, weil man bei Sprüngen über das Dazwischen nichts aussagen kann. Das äußert sich in bestimmten Wertepaaren, die nicht gleichzeitig beliebig genau bestimmbar sind (falls ihre quantenmechanischen Kommutatoren nicht vertauschen). Deshalb schwanken Teilchen innerhalb eines Aufenthaltswahrscheinlichkeitsbereiches. Die Energie dieser Schwankung wird nun immer größer, je genauer ich den Ort festlege, bis die Energie letztendlich ausreicht um den Ereignishorizont auszustülpen, d.h. ein Schwarzes Loch zu bilden. Genau an dieser Stelle tritt die ART auf den Plan und verhindet eine erfolgreiche Beschreibung des Phänomens.
Üblicherweise tritt dieses Problem nicht zu Tage, weil die Zuständigkeitsbereiche klar voneinander getrennt sind: Sehr klein ODER sehr hohe Energie - im Urknall haben wir beides...

Sind Raum und Zeit quantisiert? Ich verweise auf Kapitel 6.1 "Strings, Quantenschleifen und Supersymmetrie", da versuchen wir so weit wie möglich darauf einzugehen. Mit einer klaren Antwort muss ich Sie aber vertrösten bis zur erfolgreichen Vereinigung von QM und ART... und glauben Sie mir, ich kenne eine Menge Leute, die auf die Antwort Ihrer Frage warten - mich eingeschlossen...
Folgende Benutzer bedankten sich: kamahi

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Zeitquanten als Filmstreifen? 24 Jul 2015 12:39 #548

Frau Strauß,
soweit ich die Geschichte vom Urknall bisher verstanden habe, also von der Quantenfluktuation in einem "zeitlosen" Zustand, die dann angefangen hat, zu expandieren, soweit ist Ihr Beispiel zutreffend. Und wie gesagt: sehr anschaulich.
Bin mal gespannt, was der Prof dazu sagt...

Grüße aus Unterfranken,
Matze Klingner

Edit: Herr Gaßner war schneller als ich - und hat meine Aussage korrigiert.
Folgende Benutzer bedankten sich: kamahi

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Letzte Änderung: von Matze Klingner.

Zeitquanten als Filmstreifen? 24 Jul 2015 12:45 #549

Sehr geehrter Herr Gaßner,

vielen Danke für Ihre ausführliche Antwort! Ich sehe mir also, während wir auf die Vereinigung von QM und ART warten, noch einmal Ihr Kapitel "Strings, Quantenschleifen und Supersymmetrie" an.

Viele Grüße von
Karin Strauß

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